Als der Wecker heute morgen um acht klingelte, hätte ich mich auch gut noch mal umdrehen können. Habe Luis Armstrong angemacht, um die Jungs zu wecken und bin in die Dusche. Sofort Protest gekriegt, das sei doch keine Aufwachmusik, sie seien jetzt aber wach:) Das Abflussrohr unseres Waschbeckens ist aus der Wand gerissen, wodurch alles Abwasser natürlich auf den Boden läuft. Gestern hat jemand das Rohr wieder getaped , aber weil das Waschbecken lose auf dem Tisch steht, ist das Rohr bei der ersten Berührung wieder rausgerissen…..sehr indisch…. Viele Waschbecken hier haben dieses Problem und offensichtlich kommt keiner je auf die Idee, einfach das Waschbecken zu fixieren…. Wir lieben das Zimmer und das Ganges View Hotel aber sehr, wunderschöner alter Stadtpalast direkt am Assi Ghat, den ersten Stufen am Ganges, Terrassen auf jedem Stockwerk und auf dem Dach , mit tollem Blick, schöne alte Möbel und überall Bilder von Gottheiten und Schwarzweisbilder und Gemälde von ehemaligen Besitzern an den Wänden. Die Königin von England hat hier schon gewohnt erzählt Ricki!
Ricki – unser Führer für heute ist um neun da und Glenn und Neo wollen die nächsten 3 Stunden lieber im Hotel bleiben und spielen und chillen. Also ziehen wir zu dritt los. Vom ersten Moment an weiß ich, der ist Gold wert! Spricht super englisch, total nettes Lachen, stets zuvorkommend und hilfsbereit und weiß viel, wie sich noch rausstellen wird. Wir sehen so viel, dass Remo abends sagen wird „es kommt mir so vor, als wäre heute morgen gestern gewesen.“ Also versuche ich ein paar wenige Erlebnisse rauszupicken.
Er nimmt uns mit auf den kleinsten „Burning Ghat“. Man darf hier nicht fotografieren, was einem dort allerdings eh nicht in den Sinn kommt. Erst passiert man haushohe Holzlager aus 3 verschiedenen Hölzern. Mangoholz ist am preiswertesten. Sandelholz am teuersten. Menschen, die einen Angehörigen hier verbrennen, kaufen 300 kg Holz und tragen es selbst nach unten auf die Stufen. Die Arbeiter auf den Burning Ghats sind Unberührbare. Sie waschen die Toten im Fluss, lassen Sie 20 min trocknen und schichten die Scheiterhaufen um die von Bambusstangen gehaltenen/ „ummantelten“ Leichname. So „verpackt“ werden sie von den ausschließlich männlichen Angehörgen hierher gebracht. Währenddessen lassen sich die Angehörgen alle Haare rasieren. Also sieht man am Straßenrand überall Menschen, die geschoren und/oder getröstet werden. Es werden nur Hindus hier verbrannt, keine Sadhus( Heilige), Kinder, schwangeren Frauen und Tiere( die sind auch heilig). All diese kann man direkt mit einem Stein beschwert auf den Ganges hinausfahren und wasserbestatten. In der Tat sieht man immer , wenn man von einem Aussichtspunkt auf den Ganges schaut, mindestens eine Kuh darin treiben.
Mulmig wird mir, nachdem ich unversehens weiße Beine und Füße aus dem Feuer ragen sehe. Remo schaut absichtlich auch kurz hin, ist aber ok, sagt er. In 4 Stunden verbrennt ein Körper. Angeblich bleiben neben den Schädeln, bei Männern die Brustkörbe und bei Frauen die Becken übrig, weil sie bei dem jeweiligen Geschlecht stärker ausgeprägt sind. Soll ich das glauben? Wir lernen viel über Rituale vor, während und nach der Bestattung, die alle mit „loslassen“ und „reinigen“ zu tun haben und die gesamte Familie einbeziehen. Während wir da auf den Stufen stehen und neben uns drei Feuerbestattungen stattfinden, besteigt ein Ziegenbock, mit sehr hässlich , weil lang, ganz dünn und rosa, eregiertem Penis ,desinteressierte Ziegen und ein Mann mit einem überdimensioniertem Glasauge spuckt, irgendwie hyperaktiv ,Pansaft auf die schlammigen Stufen.
Ricki zeigt eine Außen-Sportstätte, in der , ähnlich wie beim Sumo, sehr starke Männer nur mit einem ewig langen, gewickelten lendenschurz auf einem Sandplatz ringen. Mit der Besonderheit, dass der Sand mit Joghurt!!! vermischt wird und das ganze eine Schlamm-catch-arie wird. „Ist gut für die Haut.“ Als wenn Ringer nichts anderes in Kopf hätten!
Unzählige Tempel, sehr hohe, sehr tiefe, sehr alte, sehr neue, sehr kleine, sehr große, viel frequentierte und fast unbeachtete; Viele Früchte und Gewürze, die von Männern und Frauen aus den unterschiedlichsten Regionen Indiens feilgeboten werden, und alle für oder gegen etwas gut sind; Sanskritschulen, Ashrams, Prachtbauten englischer und indischer Handelsleute, gut erhaltene mit prachtvollen Innenhöfen und andere, dem Verfall überlassene , die sich gefährlich neigen und beugen. Überall wird gesungen, gechantet, gebetet und rezitiert, gefeilscht, verscherbelt, gebettelt und angepriesen. In ständigem Beisein unzähliger, im Aussehen unterschiedlichster , Kühe, Lord Shivas Kühen, die, wie ledende Mahnmale an die Langsamkeit, immer Vorrecht haben und überall hindürfen und immer wieder eröffnet sich der atemberaubende Blick auf diesen majestetischen Fluss. Zum Abschluss besteigen wir das Dach des „Pooza Guest House“, von dessen 6. Stock sich uns ein einmaliger Blick aus das alte Varanasi eröffnet. Man sollte sich den Laden überhaupt merken. Ist gut gelegen- mittendrin, das Restaurant auf dem Dach und sehr freundliche Leute.
Um halb eins sind wir wieder zurück, Glenn und Neo sind bester Laune und haben Hunger! Ich bin jetzt mit vielen Restaurantempfehlungen gerüstet:) die Pizzeria! Am Assi Ghat mit tandoor Ofen und Terrasse mit Blick hat leider wegen Umbau geschlossen.
Also gehen wir auf die Dachterasse des von 2 Amerikanerinnen geführten Aum-Cafés.
Man sitzt hier nett und kann frische Fruchtsäfte trinken. Das Essen- wie sagt meine Freundin aus Hamburg immer: “ Was das Essen angeht, misstraue ich dem Amerikanern zutiefst!“ So sollte man es weiterhin halten.
Kleines Schläfchen. Um 16:30 ist Ricki wieder da und wir schweißen uns dieses Mal alle zusammen rein ins Leben. Ich finde meine blauen Flipflops-die Indien Klassiker-Yes!- im Vorbeigehen für , 2paar für 3€ insgesamt. Als wir in eine kleine schmuddelige Gasse einbiegen, knüllt sich Neo vorsichtshalber gleich mal wieder sein Tuch vor Mund und Nase, aber diesmal werden wir fast erschlagen mit Wohlgerüchen. Ein flowermarket, in dem ausschließlich lose Blüten und blumenkränze für rituelle Zwecke und Hochzeiten gehandelt werden, eröffnet vor unseren Augen seine Pracht. Gut gemacht Ricki!
Er lässt mich alles probieren. Lassi in seinem Lieblings Lassi-Laden- kalt und mit sahnigen Stückchen drin, so wie wenn sich haut auf Grießbrei bildet-köstlich! Unzählige Fettigkeiten- der Inder an sich liebt das frittierte wirklich sehr- da brauch ich zwischendurch ein paar MOMOs, eine Kokosnuss und frischen Zuckerrohrsaft , um eine Fettpause einzulegen. Und schon geht’s weiter mit enorm fettigen Süßigkeiten- man mische paneer-ghee-und gemahlene Nüsse mit Zucker. Je nach Anteil und Form ergeben sich viel hübsche Süßigkeiten, die man zum Teil natürlich auch frittieren kann:) Ich will Obst und Salat! Morgen….
Aus unseren verschlungen Wegen durch kleine und kleinste Gassen eröffnet er uns in diesem pastellfarbenen Abendlicht immer wieder unverhoffte und atemberaubende Blicke auf den Ganges. Der Fluss führt so viel Wasser, dass man von manchen Tempeln nur die Spitzen der Kuppeln aus dem Wasser ragen sieht. Der Rest ist von den schlammigen Fluten umspült. Der warme Wind erfrischt uns und die Schwalben jagen einander tief über blauen Kuppeln und über das Blätterdach von uralten Bodhi- Bäumen.
Es ist dunkel geworden und nachdem wir noch kurz der Abendzeremonie am Haupt Ghat beigewohnt haben, laufen wir über Märkte und Schleichwege zurück, um den wirklich unfassbar dichten Abendverkehr zu meiden, und jetzt eine Motorrikshaw zurück zum Hotel nehmen. Neo schläft, ich bin pappsatt, aber meine Jungs haben natürlich noch Hunger, weil sie ja nix von dem köstlichen Zeug gegessen haben! Glücklicher Weise machen Sie uns im Hotel noch Reis und Dahl, ich lese noch Shantaram und wir schlafen alle tief und fest ein.
Ach – auf die Frage, was Neo denn heute am besten gefallen hat, sagt er : “ Als ihr weg wart und ich mit Glenn UNO und Backgammon gespielt habe.“
Remo: „Einfach alles-die Stadt zu sehen.“
Glenn:“ Die Aussichten.“
Der Wecker steht auf 04:20. Morgenzeremonie bei uns vor der Tür-Sonnenaufgang….ich freu mich schon drauf!
Junger Brahmane verkauft Sandelholzpaste und andere rituelle Güter.
Die Kuh unter dem Banyan Baum…
…frisst die Opferblüten von den Lingams. Da sind sie wieder. Der untere Teil steht für die Schöpfung, die stilisierte Vagina darauf für die Erde und der Phallus darauf( (zum Teil mit Schlange, Symbol für Shiva) für Shiva-das Leben …gleich von der Kuh blankgeleckt:) I love India!
..auch der Schlangenbeschwörer darf nicht fehlen. Die Damen links haben sich doch farblich abgesprochen!!!
Ein Saddhu meditiert mit Blick auf Mutter Ganges. Das Leintuch vor ihm weht im warmen Wind.
Wir waren ganz lange, ganz leise und haben von hier oben auf den Fluss geguckt. Er „erwacht“. Shanti, Shanti.
Schlammcatchen mit Yoghurt.
…frisch rot lackierte Säulen…Sumo auf indisch.
Sanskritschulen, in denen sie mit lautem Singsang rezitieren mit direktem Blick auf den Fluss, hoch über dem Ganges und der Wind fließt ganz schön durch diese Räume. Ich muss an meinen Deutschlehrer Herrn Huber denken:“ Der Geist muss wehen! Wehen wie der Wind!“
Kurz vor dem kleinsten Burning Ghat in der Fahrradrickshaw.
Neuste Nachrichten unterm Bodhibaum. :))
Remo und Ricci! Musste bei den Wurzeln an Ankor Thom in Kambodscha denken….
Auf dem Dach des Pooza Guesthouse auf eine Cola-Pause mit atemberaubendem Blick über diese Wahnsinns-Stadt. Die haben da übrigens ein Restaurant oben. Schön da.
Die Wäsche…
…eine Frau macht Chapattis auf ihrem Dach. Oft nehmen sie hier, wo viele der „Unberührbaren“ wohnen, die als Crematoren arbeiten, die Reste der Scheiterhaufen von den Burning Ghats mit erzählt Ricci und gruselt sich dabei.
Boah! Hab ich den lieb!!!
Nachdem ich sie gefragt habe, ob ich ein Foto machen darf, haben sie sich leider für uns in Pose gesetzt. Remo und mein Liebling ist die Frau mit den grossen Ohren:) Wir laufen durch die Gassen zu einem Platz, wo wir eine Motorrickshaw ergattern können…
….fahren durch den sehr dichten Verkehr….und jetzt:
…Remo sieht was Erschreckendes und ich was Erfreuliches. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Indien und seine Gegensätze. Es ist erst 12.30 Uhr.
Was Essen und Zwischenstopp in der „Comfortzone“ eines Touri-Cafes.
Wir schauen uns mal das Dach unseres Hotels an, bevor uns Ricci um 16:30 Uhr wieder „an die Hand “ nimmt.
Ein 400 Jahre alter rajistanischer Tempel einfach so in einem Hinterhof! Neo zeigt auf die….
…feinsäuberlich aufgereihte Kuh-Kacka.
Dieses Handwerk!
:)))
Und weiter gehts.
Vorbei am Strassenzahnarzt in der 3! Generation….
…auf den Flowermarket…
..I´m in love…
…
…with the world!
Jetzt bekommt jeder…
…noch einen Jasminkranz…
…und weiter gehts. Neo kann nicht mehr laufen und nachdem ich ihn lange getragen habe, bietet sich Ricci an und siehe da: Neo willigt ein! Hätte ich glaub ich als Kind nicht gemacht. Echt cool!
Kühe haben immer Vortritt:)….
… :))Neo müüüde…Kuh auch…Riccci Bombenlaune…
…Ricci und ich/wir finden´s Super!
Ich schmeiss mich weg. Diese Farben!!!!
Lassi? Geht immer!
Man mische Ghee, Paneer, Zucker, Nüsse, machmal frittiert man es auch und macht etwas Silberfolie drauf. Wunderhübsche Süssigkeiten, zum Teil sehr lecker….verkauft von Jabba, the Hood in seinem Glaskästchen.
…und noch mehr leckere Fettigkeiten.
Stadtpaläste reicher Händler…
…ein islamisches Gotteshaus mit einer ganz verzauberten Atmosphäre…
…hier will man sich niederlassen und meditieren. Echt Wahnsinnsenergie hier…durch dieses Fenster schaut man direkt steil nach unten auf den Ganges…wie ein Adlerhorst…
…Blick auf den Innenhof. Es gibt keine Glasfenster, sondern nur diese Gitter, die die warme Luft zirkulieren lassen. So friedlich.
:)))
Wir rasten, während Kricket gespielt wird…
…und der dicke Saddhu mit den Eheleuten spricht…
…jagen die Schwalben tief über den Ganges.
Ein verlassener Palast. Danke Ricci, dass du uns diese Plätze zeigst!!!
…eigener Tempel im verlassen Palast- mit Papagei auf der Spitze…
Komplette Verzauberung.
….Farben…
600 Jahre ist dieser Bodhi-Baum! Sagt man.
Es dämmert als wir am chinesischen Tempel ankommen und ich lasse das Fotografieren für heute sein.
Vor dem Hotel. Mein kleiner Neo! Es ist noch nicht mal neun.
Von unter meinem Ventilator gesendet.